Heute habe ich die aktuelle Ausgabe der Berliner Ärzt:innen Zeitung erhalten. Eigentlich sehe ich mir diese nicht so genau an, weshalb mir vermutlich auch erst heute dieser Unsinn aufgefallen ist.
Quelle: Berliner Ärzt:innen
Ich vermute, es heisst schon länger Berliner Ärzt:innen. Aber was sind Ärzt:innen? Soll es das neudeutsche gendern sein sowie beispielsweise bei Lehrer:in? Hier soll wohl die männliche Form mit Lehrer und die weibliche Form Lehrerin gemeint sein, nehme ich mal an. Denn nach dem Doppelpunkt ist wohl die weibliche Form aufgeführt. Bereits hier macht es aber keinen Sinn. Entweder ich spreche von Lehrer oder von Lehrerin. Erstes, also Lehrer, meint jedoch die Lehrerschaft insgesamt und zweites die weiblichen Lehrer, die jedoch in der Lehrerschaft bereits eingeschlossen sind. Wie entstehen Berufsbezeichnungen? Oftmals entstehen sie aus den Verben, z.B. lehren, indem der Verbstamm “lehr-” genommen wird und ein -er angefügt wird. So entsteht aus lehren Lehrer, aus malen Maler, aus backen Bäcker, eben die entsprechende Berufsbezeichnung. Eine Berufsbezeichnung ist jedoch erst einmal geschlechtsneutral, da der entsprechende Beruf sowohl vom weiblichen, als auch vom männlichen Geschlecht ausgeführt wird, da es um DEN Beruf geht. Also ist bei Lehrer:in die geschlechtsneutrale Berufsbezeichnung Lehrer mit der zusätzlichen weiblichen Endung hinter dem Doppelpunkt versehen. Diese sind jedoch bereits in dem Lehrer enthalten. Hier ist also die Anführung eines Doppelpunktes mit einer weiteren Endung bereits absoluter Unsinn. Mit viel Wohlwollen und großem Unverständnis der deutschen Sprache, könnte man jedoch zu dem Schluß kommen, bei der Bildung des beruflichen Nomens aus dem Verbstamm ist dann mit Lehrer nur die männliche Form gemeint und um alle gleichzustellen, was natürlich noch überhaupt nichts mit Gleichbehandlung zu tun hat, fügt man die weibliche Form noch irgendwie, in diesem Fall mit einem Doppelpunkt, an. Wie man auf diesen Unsinn kommen kann, entzieht sich meiner Vorstellungskraft. Das mag jedoch daran liegen, dass ich mich ein ganz kleines bisschen für meine Muttersprache interessiere. Just in diesem Moment kommt bei mir die Frage auf, wieso es eigentlich meine Muttersprache heisst, obwohl ich sie möglicherweise von meinem Vater erlernt habe. Eigentlich müsste es doch dann Vatersprache heissen, oder? Egal.
Völlig verwirrt bin ich aber bei Ärzt:innen. Bei Lehrer:in habe ich mir sagen lassen, es soll die männliche Form (Lehrer) und zur Gleichstellung die weibliche Form (Lehrerin) sein. Na gut, man kann Sprache auch auf diese Arzt und Weise verunstalten. Aber was bitte sind Ärzt? Ich bin das auf jeden Fall nicht. Ich bin Arzt. Und wieso werden die weiblichen Kolleginnen gleich ausschließlich in der Mehrzahl angesprochen, denn -innen sind die Mehrzahl. Sind es die Kolleginnen in Berlin nicht würdig, einzeln mittels Ärztin angesprochen zu werden? Wer denkt sich nur so einen Unsinn aus? Dieser geht übrigens fröhlich weiter. Wenn Sie rechts oben das Quergedruckte genauer ansehen, dann sehen Sie, dass es dort “Mitgliederzeitschrift Ärztekammer Berlin” heisst. Wieso heisst es nicht Mitglieder:innen Zeitschrift Ärzte:innenkammer Berlin? Sind jetzt die Kolleginnen schon wieder aussen vor? Würde mich dieser ganze Unsinn nicht kalt lassen, dann würde ich mich als Arzt von dieser Zeitschrift nur bedingt angesprochen fühlen, nämlich nur dann, wenn ich auf die “Mitgliederzeitschrift Ärztekammer Berlin” abzielen würde und als Kollegin würde ich, wäre ich auf Gleichstellung aus, gleich mal auf Gleichstellung klagen.
Liebe Kolleginnen, die Rechtsanwaltskammer Berlin ist fußläufig von der Ärztekammer entfernt.
Quelle: Google Maps
Ich persönlich würde mich gerne mit allen Kollegen und Kolleginnen freundlich und interessiert austauschen. Aber wenn ich dann auf der Innenseite die Einladung zur Sommerparty sehe und dort plötzlich die Ärztekammer Berlin und nicht mehr die Ärzt:innen Kammer einlädt und mich dort das Netzwerken mit anderen Kammermitgliedern und nicht den Kammermitglieder:innen erwartet, weiß ich, auf welche Veranstaltung ich nicht gehen werde. Da kommen Sie lieber zu mir in die Praxis. Dort gibt es zwar nichts Gegrilltes und auch Ärzt werden Sie hier kein:e finden. Ebenso erhält auch nicht jeder 50. Gast aber auch nicht jede 50. Gästin, insgesamt also kein Gast:in irgendeine Überraschung.
Ich muß feststellen, dass Deutsch scheinbar keine besonders ausgeprägte Tugend der Ärzteschaft (oder muß es eigentlich Ärzt:innenschaft heißen) ist, zumindest nicht der in Berlin, denn anders kann ich mir das nicht erklären.
Dann ging es mit dem Editorial weiter, wo die Kollegin Schaad Aussagen tätigt, die, wenn ich versuche sie nachzuvollziehen, mich ratlos zurück lassen.
Sie schreibt im ersten Absatz: “Extreme Hitze (…) ein ernstes Risiko für die Gesundheit.” Zweifelsohne, extreme Hitze ist ein gesundheitliches Risiko, weshalb auch beim betreten des Death Valley richtigerweise genau hiervor gewarnt wird.
Quelle: Tagesspiegel
Wie man aber dann im übernächsten Satz erfährt, ist das überhaupt nicht auf das Death Valley bezogen sondern auf Berlin. Ist damit das Berlin gemeint, in dem ich auch wohne? Heisst es dort doch tatsächlich: “Deshalb ist es in Städten wie Berlin, wo die Temperaturen immer häufiger über 30 Grad Celsius steigen (…)”. Oder habe ich in den letzten Jahren irgendetwas verpasst oder vergessen?
Ich fand es, seitdem ich in Berlin wohne, was nun immerhin schon seit 2008 ist, im Sommer eigentlich jedes Jahr irgendwann mal ziemlich heiß, stickig und unangenehm. Aber was ich empfinde hat nicht unbedingt etwas mit der Objektivität zu tun. Also sehen wir uns, um sicher zu sein, dass es “immer häufiger über 30 Grad Celsius” in Berlin hat, einfach mal die vergangenen Temperaturen seit 2013 an.
Quelle: Wetterkontor
Hm, dass macht mich ein bisschen ratlos. Ist das vielleicht nur auf Berlin-Tempelhof, wie in der Überschrift zu sehen, bezogen und im restlichen Berlin wird es tatsächlich “immer häufiger über 30 Grad Celsius” oder ist das alles einfach nur mal wieder schlecht recherchiert und irgendein Unsinn nachgeplappert? Es macht mir sehr den Anschein, denn die Aussage, die sich weiter unten wiederfindet, dass es extrem wichtig zu erkennen wäre, “(…) dass die zugrunde liegende Ursache für extreme Hitze der Klimawandel ist.”, läßt sich zumindest für Berlin-Tempelhof, wie die Temperaturen objektiv seit 10 Jahren zeigen, nicht bestätigen. Denn hier liegen im Sommer immer mal wieder mit regelmäßiger NICHT zunehmender Häufigkeit Temperaturen über 30 Grad Celsius vor.
Abschliessend heisst es dann im letzten Satz desselben Absatzes: “(…) können wir auf eine Zukunft hinarbeiten, in der extreme Hitze keine Bedrohung mehr für die öffentliche Gesundheit darstellt.” Hä? Ich dachte, zumindest noch nach dem ersten Absatz, dass “Extreme Hitze (…) ein ernstes Risiko für die Gesundheit darstellt.” Wieso tut sie das jetzt plötzlich nicht mehr. Wird extreme Hitze weniger gefährlich, wenn wir unseren CO2-Fußabdruck reduzieren? Ok! Ich wußte nicht, dass die Gefährlichkeit der extremen Hitze vom CO2-Fußabdruck abhängig sei.
Ich glaube, die Sommerparty findet wirklich besser ohne mich statt. Denn Antworten auf diesen ganzen schlecht recherchierten Unsinn und die unsinnige Assoziation werde ich dort wohl nicht bekommen, hätte aber endlich mal so gerne entsprechende Antworten.
Liebe Ärzt:innen Kammer: Kann ich eigentlich diese Zeitschrift abbestellen? Für mich ist das irgendwie nur Umweltbelastung. Ich möchte sie nicht bekommen, lese sie auch sicherlich nicht. Wenn es hier eine Möglichkeit gibt, die Umwelt zu entlasten, in dem mein Exemplar nicht gedruckt wird, bitte lassen sie mich das wissen. Ich bestelle diese Zeitung sofort ab, wenn das geht. Denn, so steht es als letzter Satz im Editorial geschrieben: ” (…) jede und jeder Einzelne (Anm. wieso eigentlich nicht jede:r?) kann einen Teil zur Bekämpfung des Klimawandels beitragen.” Sehr gerne. Spart euch das Papier, die Aufbereitung, das Wasser, den Strom, die Druckerschwärze für mein Exemplar. Danke.