Was die Fragestellung ist

Während der Coronazeit wurde immer wieder behauptet, alle, die in Verbindung mit einem positiven SARS-CoV-2 Test (PCR- oder Schnelltest) gestorben sind, seien an und nicht mit dem Virus gestorben. Diese Definition der Todesursache (gestorben an Covid), wurde nicht nur in Deutschland (1) sondern u.a. auch in Griechenland so vorgenommen. Durch diese Zählweise wurden die tatsächlichen Todesfälle der Covid-19 Verstorbenen möglicherweise dramatisch überbewertet. Hierbei geht es nicht um die, die durch einen Unfall oder gewaltsam sterben und zufällig einen positiven SARS-CoV-2 Test hatten. (2) Diese Situation kann tatsächlich als selten bezeichnet werden, wie es die Pressesprecherin des RKI, Marieke Degen, ausführt. Sehr viel interessanter ist die Frage zum einen ganz grundsätzlich und zum anderen bei den vielen Verstorbenen, die zufällig einen positiven SARS-CoV-2 Test hatten, aber aufgrund ihrer schweren Grunderkrankung ohnehin gestorben wären.

Hier stellt sich also weiterhin die Frage, sind die Menschen an oder mit Corona gestorben?

Was gemacht wurde

Um in diese Frage Klarheit zu bringen, wer ist an und wer nur mit dem Coronavirus gestorben, wurde nunmehr eine Studie mit der Überschrift (Übersetzung) „Todesfälle „aufgrund“ von“ COVID-19 und Todesfälle „mit“ COVID-19 während des Anstiegs der Omicron-Variante, unter hospitalisierten Patienten in sieben Krankenhäusern für tertiäre Pflege, Athen, Griechenland“ in Nature veröffentlicht. (3) In dieser Untersuchung wurden in den genannten Einrichtungen in Griechenland alle zwischen dem 01. Januar 2022 und dem 31. August 2022 Verstorbene nochmals untersucht, um herauszufinden, ob diese tatsächlich an oder nur mit dem Coronavirus gestorben sind.

Während dieses Zeitraumes war die Delta-Variante des Virus die vorherrschende Variante.

Was sich gezeigt hat

In der veröffentlichten Untersuchung wurde bei 530 Krankenhaustodesfällen klinische und Labordaten von 270 (50,94%) männlichen und 260 (49,06%) weiblichen Patientenakten nochmals analysiert.

Das durchschnittliche Alter der Verstorbenen lag bei 81,93 ± 10,9 Jahren und nur bei 12 (2,3%) der Untersuchten zeigt sich, dass sie in der Vergangenheit eine früher SARS-CoV-2 Infektion angegeben hatten. Weiterhin wiesen 507 Untersuchte (95,6%) eine weitere Erkrankung zum Zeitpunkt des Todes auf.

Nach der erneuten Auswertung der zuvor erhobenen Daten kamen die Autoren zu dem Schluss, dass von den 530 Verstorbenen 290 (54,7%) als auf Grund von Covid-19 verstorben anzusehen sind und die restlichen 240 (45,3%) der Verstorbenen nicht im Zusammenhang mit Covid-19 verstorben sind. Bei den 290 Untersuchten, die auf Grund von Covid-19 verstorben sind, wurde nochmals eine Unterteilung vorgenommen, so dass sich schlussendlich zeigte, dass 133 (25,1%) direkt an Corona gestorben sind und bei den restlichen 157 Verstorbenen (29,6%) Corona nicht die Haupttodesursache war, sondern hier nur den Tod begünstigte.

Die beiden Gruppen unterscheiden sich signifikant in den Punkten Alter (83,6 ± 9,8 vs. 79,9 ± 11,8 Jahre, p = 0,016), Einsatz von Immunsuppression aufgrund von bspw. HIV-Infektion oder Zustand nach Organtransplantation (11% vs. 18,8%, p = 0,027), Lebererkrankung in der Historie (1,4% vs. 8,4%, p = 0,047) sowie das Vorhandensein von Covid-19 Symptomen.

Bei denen, die an Corona verstorben sind, zeigte sich weiterhin, dass folgende zusätzliche Erkrankungen vorlagen: chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD), Diabetes mellitus, Asthma bronchiale, chronische Nierenerkrankung, rheumatoide Arthritis, entzündliche Darmerkrankungen, koronare Herzkranzgefäßerkrankung, Herzmuskelschwäche und Schlaganfall oder zumindest Minderdurchblutung des Gehirns.

  Todesfälle aufgrund von Covid (n=290) Todesfälle mit Covid (n=240) Signifikanzniveau
Alter 83,6 ± 9,8 79,9  ± 11,8 <0,001
Weiblich 150 (51,7%) 110 (45,8%) 0,191
 

Medizinische Daten

koronare Herzkranzgefäß-erkrankung oder Herzschwäche  

141 (48,6%)

 

97 (40,6%)

 

0,066

COPD/Asthma 41 (14,1%) 25 (10,5%) 0,235
Bösartige Neubildungen (Krebs) 41 (14,1%) 57 (23,8%) 0,005
Blutkrebs 21 (7,2%) 17 (7,1%) 1
Autoimmunerkrankung 17 (5,9%) 9 (3,8%) 0,315
Diabetes 67 (23,1%) 71 (29,7%) 0,091
Nierenversagen 40 (13,8%) 37 (15,5%) 0,621
Leberversagen 4 (1,4%) 20 (8,4%) <0,001
Neurologische Erkrankung 124 (42,8%) 104 (43,5%) 0,93
Knochenbrüche 18 (6,2%) 22 (9,2%) 0,247
Immunsuppressionstherapie 32 (11%) 45 (18,%8) 0,013
Organtransplantationen 2 (0,7%) 3 (1,3%) 0,662
Vorhofflimmern 49 (16,9%) 34 (14,2%) 0,471
Altersangepasster Charlson-Score 6 [5 – 7] 6 [5 – 8] 0,004
 Impfstatus 0,086
ungeimpft/Teilgeimpft 133 (46,2%) 87 (36,7%)
vollständig geimpft 53 (18,4%) 54 (22,8%)
gebooster (>2 Dosen) 102 (35,4%) 96 (40,5%)
Aufnahmeabteilung <0,001
Infektiologie 202 (69,7%) 124 (51,7%)
Innere Medizin 80 (27,6%) 87 (36,3%)
Andere 8 (2,8%) 29 (12,1%)
 

Klinische Symptome

Zeichen einer Covid-19 Erkrankung/Symptome 272 (94,4%) 172 (72) <0,001
Husten 28 (9,7%) 12 (5) 0,048
erhöhter Ferritinspiegel 21 (72,0%) 31 (12,9%) 0,039
Lymphozytenerhöhung 121 (41,7%) 60 (25,0%) <0,001
Sauerstoffentsättigung 128 (44,1%) 52 (21,7%) <0,001
Kurzatmigkeit 91 (31,4%) 49 (20,4%) 0,005
Fieber 114 ( 39,3%) 83 (34,96%) 0,279
Behandlungsbedürftig 284 (98,3%) 170 (72,0%) <0,001
 Sauerstoffgabe  <0,001
keine Sauerstoffgabe 19 (6,6%) 78 (33,1%)
Nasenbrille 30 (10,4%) 19 (8,1%)
Sauerstoffmaske 205 (70,9%) 129 (54,7%)
Hochdosis Nasenbrille / nicht invasive Beatmung 15 (5,2%) 4 (1,7%)
künstliche Beatmung 20 (6,9%) 6 (2,5%)
 Remdesivir Behandlung (Virustatika)  <0,001
keine Behandlung 99 (34,3%) 138 (58,5%)
3-Tages-Prophylaxe 11 (3,8%) 15 (6,4%)
5-Tages Behandlung 179 (61,9%) 83 (35,2%)
Dexamethason Behandlung (Kortison) 236 (81,7%) 96 (40,7%) <0,001
 Immunmodulatorische Behandlung  0,003
keine Behandlung 263 (91%) 232 (98,3%)
Tocilizumab Behandlung 16 (5,5%) 2 (0,8%)
Anakinra Behandlung 5 (1,7%) 1 (0,4%)
Baricitinib Behandlung 5 (1,7%) 0
Nirmatrelvir / Ritonavir Behandlung 2 (0,7%) 1 (0,4%) 1
Tage zwischen Aufnahme und Tod 7 [4 – 13] 10 [3 – 18] 0,036

Kursiv und braun markiert sind die Parameter, die sich in beiden Gruppen signifikant voneinander unterscheiden

Als sicher durch eine Coronainfektion verstorben, wurden alle Patienten rückblickend betrachtet, die zum Zeitpunkt des Todes Anzeichen, Symptome und Laborbefunde von Covid-19 aufwiesen. Hierzu zählte eine Lungenentzündung, entsprechend radiologisch bestätigte Befunde bestätigten, eine zusätzliche Sauerstoffgabe wurde benötigt, eine spezifische Covid-19 Behandlung fand statt und es gab keine anderen eindeutigen Todesursachen, die den Tod hätten erklären können.

Welche Schwierigkeiten die Untersuchung vorweist

Die Daten lassen sich nicht einfach auf andere Varianten des Coronavirus übertragen, da bei diesen möglicherweise andere Letalitäten aufgrund aggressiverer Formen des Virus vorherrschend sind. Die Aussagen treffen nur auf die Omikronvariante und die in Griechenland im Zeitraum 01. Januar bis 31. August 2022 Verstorbene zu, bei denen nach Durchsicht der Leichenschauscheine, als Todesursache Covid-19 verstorben angegeben wurde.

Da für die Neubewertung unter anderem Daten aus dem Hellenic National Archive of COVID-19, ein digitales Archiv, in dem Ärzte epidemiologische und klinische Informationen sowie Ergebnisse für Patienten eingeben, die in Krankenhäusern wegen COVID-19 behandelt werden, herangezogen wurden, hängt die Datengenauigkeit stark von der Dokumentationssicherheit der Ärzte ab.

Eine Übertragung der Ergebnisse auf andere Länder ist nicht ohne weiteres möglich, da hier unterschiedliche Gesundheitssysteme vorherrschen und die Versorgung erkrankter und infizierter unterschiedlich geschieht, was Auswirkungen auf die Daten haben kann. Ebenso erfolgt die Datendokumentation anderen Ländern anders und nicht unbedingt zentral, wie in Griechenland.

Die Daten zur Neubewertung der Sterbefälle mit Corona gestorben oder an Corona gestorben basiert auf drei wesentlichen Datendokumentationen. Diese sind die Sterbeurkunde, eine Karteikarte des Patienten in Papier- und elektronischer Form und einem strukturierten Fragebogen, welchen die Studienautoren den behandelnden Ärzten haben zukommen lassen. Da der strukturierte Fragebogen im Nachhinein versandt wurde und die Meinung der Ärzte zu der Todesursache abfragte, ist dieser schwierig zu objektivieren.

Eine in Nature publizierte Untersuchung beschäftigte sich rückblickend mit der Betrachtung, wer tatsächlich an Corona gestorben oder nur mit Corona gestorben ist.

 

Bei insgesamt 530 Untersuchten Todesfällen zeigte sich, dass hiervon 240 (45,3%) Verstorbene nicht aufgrund einer Coronainfektion verstorben sind. Nur 290 (54,7%) Todesfälle stehen im Zusammenhang mit Corona, wobei hier bei 133 (25,1%) tatsächlich Corona die Ursache des Todes war und bei 157 (29,6%) Corona lediglich den Tod mit begünstigt hat.

 

Deutliche Unterschiede zwischen beiden Gruppen zeigte sich bei den Parametern Alter, Tumorerkrankung, Leberversagen, Immunsuppressionstherapie, Altersadjustierter Charlosen Score, Husten, erhöhter Ferritinspiegel, Lymphozytenerhöhung, Sauerstoffentsättigung, Kurzatmigkeit, Behandlungsbedürftigkeit, Sauerstoffgabe, Aufnahmestation, klinische Symptome sowie der Dauer zwischen Aufnahme und Todeszeitpunkt. Bei den Punkten lässt sich jedoch kein einheitliches Bild derart erkennen, dass die, die an Covid-19 verstorben sind, schwer krank gewesen wären.

 

Bei der Untersuchung wurden die behandelten Ärzte rückblickend mit einem Fragebogen zu ihrer Einschätzung hinsichtlich der Todesursache befragt, was in die Datenanalyse mit einbezogen wurde. Hierbei handelt es sich um eine subjektive Einschätzung.

 

Die analysierten Daten betroffen nur Verstorbene, während die Omikron-Variante die vorherrschende Variante war. Ob dieses auch auf andere Coronavirus-Varianten zutrifft, lässt sich aus den analysierten Daten nicht ohne weiteres schlussfolgern.

 

Da die Behandlungsmethoden in Bezug auf eine Covidinfektion und die Gesundheitssysteme weltweit nicht vergleichbar sind, lassen sich die Daten nicht pauschal auf andere Staaten 1 zu 1 übertragen, legen jedoch die Vermutung nahe, dass auch in anderen Ländern die Todesfallrate an Corona gestorben zu hoch eingeschätzt wurde.

 

Es hat sich gezeigt, dass die sicher an Corona Verstorbenen keinesfalls deutlich kränker sein müssen als die allenfalls mit dem Virus Verstorbene. So hatten letzte signifikant höhere Ferritinwerte, mehr Leberversagen und Tumore. Hingegen waren die, die sicher an Corona verstorben sind, hingegen signifikant älter.

Bei allen nachträglich ausgewerteten Daten ist jedoch auch bei dieser Studie die Schwierigkeit, der von Anfang an, oftmals gewollten, nicht konsequenten Datenerhebung, mit den Schwierigkeiten der anschließenden Auswertung, wenn ursprünglich schlicht alle, die einen positiven Test hatten, als an Corona verstorben gezählt wurden.

(1) https://www.youtube.com/watch?v=QUxBikdLrHo&t=1017s (ab Minute 17:20 bis 17:53)

(2) https://correctiv.org/faktencheck/2020/04/23/coronavirus-ja-auch-infizierte-die-gewaltsam-sterben-werden-in-die-statistik-aufgenommen/

(3) https://www.nature.com/articles/s41598-025-98834-y

 

Der nächste Beitrag erscheint am 15. Juli. Er beschäftigt sich mit dem Blutparameter Lipoprotein(a), der derzeit stark propagiert wird.