Was zu lesen ist

Eine Untersuchung, deren Ergebnisse im Proceedings of the National Academy of Sciences unter der Überschrift: „Energy expenditure and obesity across the economic spectrum“ (Übersetzung: „Energieverbrauch und Fettleibigkeit im gesamten Wirtschaftsspektrum“) veröffentlich wurde, kommt zu dem eindeutigen Ergebnis, dass eine erhöhte Energiezufuhr für ein Übergewicht eine etwa zehnmal wichtigere Rolle als der Energieverbrauch spiele (1).

Das liest sich auf den ersten Blick so, als ob man durch die Reduktion der Energiezufuhr besser abnehmen könnte, als durch eine Erhöhung des Energieverbrauchs. Konkret würde dieses bedeuten, dass eine Ernährungsumstellung einen wichtigeren Effekt auf eine Gewichtsreduktion erzielen würde als eine verstärkte körperliche Aktivität.

Was untersucht wurde

In die Untersuchung eingeschlossen wurden 4.213 Personen aus 34 Bevölkerungsgruppen aus sechs Kontinenten, primär unterteilt nach Lebensstilen. Hierbei wurde beispielsweise nach Jäger-Sammler, Hirten, Landwirten und industrialisierten Bevölkerungsgruppen unterschieden.

Was die Ergebnisse waren

Es zeigte sich, dass die wirtschaftliche Entwicklung positiv mit einem höheren BMI und höherem Körperfettanteil einher ging. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet diese, je wirtschaftlich erfolgreicher die Menschen waren (z. B. Entwicklungs- vs. Industrienation) um so höher waren das Körpergewicht und der Körperfettanteil. Zwar stieg mit einer höheren wirtschaftlichen Entwicklung auch der Gesamt-, Grund- und Aktivitätsenergieverbrauch, allerdings sank der bereinigte Gesamt- und Basalenergieverbrauch mit zunehmender wirtschaftlicher Entwicklung um etwa 6 bis 11 %.

Was bekannt ist

Der Körper befindet sich stets im Gleichgewicht. Hierbei ist es erst einmal völlig unabhängig, ob wir die Wasseraufnahme und -ausscheidung, das Säure-Basen-Gleichgewicht oder eben die Kalorienaufnahme und -ausscheidung, die in diesem Fall natürlich Kalorienverbrauch heißt, betrachten. Stets muss das raus, was rein gegangen ist. Zwar nicht immer in derselben Form, in der es aufgenommen wird (Wasseraufnahme und Urinausscheidung), da Flüssigkeit auch in Form von Schweiß und mit dem Stuhl ausgeschieden wird. Insgesamt aber wird über den Tag hinaus die Menge wieder ausgeschieden, die aufgenommen wird, wenn wir uns im gesunden Bereich bewegen. Nehmen wir mehr Flüssigkeit auf oder führen uns diese zu, so kann ab einer gewissen Menge nicht mehr Flüssigkeit ausgeschieden werden, als aufgenommen wird und es wir im Körper abgelagert, was wir als Ödeme bezeichnen.

Genauso verhält es sich auch zwischen der Kalorienaufnahme und dem -verbrauch. Bei Männern liegt das Gleichgewicht, ganz grob, etwa zwischen 2.000 und 3.000 kcal und bei Frauen zwischen 1.800 und 2.500 kcal. Die Werte sind abhängig von der körperlichen Aktivität. Ein Schreibtischarbeiter benötigt weniger Kilokalorien als jemand, der sich viel im Job bewegt, wie beispielsweise ein Bote. Stehen Kalorienaufnahme und -verbrauch in einem Gleichgewicht, so bleibt das Körpergewicht stabil. Werden weniger Kalorien zugeführt, als wir benötigen, verlieren wir Gewicht. Werden mehr Kalorien zugeführt als benötigt werden, so steigt das Körpergewicht. Erhöhen wir beide Seiten der Waage um denselben Wert, so bleibt wiederum das Gewicht stabil. Wenn wir also einerseits 500 kcal mehr als notwendig zu uns führen, gleichzeitig aber auch den täglichen Verbrauch um 500 kcal erhöhen, beispielsweise durch körperliche Aktivitäten, bleibt unser Gewicht stabil.

Führen wir hingen mehr Kalorien zu, als wir verbrauchen, so steigt pro 7.000 zu viel zugeführten Kilokalorien unser Körpergewicht um 1kg Fettanteil.. Besteht hingegen ein Kaloriendefizit, weil weniger Kalorien zugeführt werden als benötigt werden, so sinkt das Körpergewicht durch Verlust des Körperfettanteils pro 7.000 kcal um 1 Kg.

Es ist damit völlig unerheblich, ob Sie die Kalorienaufnahme reduzieren oder den Verbrauch steigern. Unter dem Strich ist es dem Körper völlig gleichgültig, ob sie mehr Kalorien verbrennen als sie benötigen (z. B. durch körperliche Aktivitäten) oder ob sie weniger Kalorien aufnehmen, als sie benötigen, er reagiert immer gleich.

Was an der Veröffentlichung problematisch ist

Die Autoren schließen aufgrund der Untersuchungen, dass die Nahrungsaufnahme die relevantere Größe für die Entwicklung eines Übergewichts darstellt und eine körperliche Betätigung nicht so erfolgreich zur Reduktion des Körpergewichts beitragen würde wie die Nahrungsreduktion. Gleichzeitig wird jedoch festgehalten, dass der Prozentsatz der ultraverarbeiteten Lebensmittel in der Ernährung mit dem Körperfettanteil verbunden ist. Ultraverarbeitete Lebensmittel sind jedoch ausschließlich ein Phänomen der Industrienationen. In der Ernährung der Bevölkerung der Entwicklungsländer spielen ultraverarbeitete Lebensmittel, im Vergleich zu Industrienationen, eine deutlich untergeordnete Rolle. Hier wird vielmehr auf natürliche und massiv weniger verarbeitete Lebensmittel zurückgegriffen. Ultraverarbeitete Lebensmittel haben an sich schon deutlich mehr Kalorien als unverarbeitete Lebensmittel, die frisch zubereitet werden.
Somit lässt sich aus den Erkenntnissen der Untersuchung lediglich schließen, dass die Art der Lebensmittelverarbeitung eine deutliche Rolle auf die Entwicklung eines Übergewichts hat, bedingt durch die vermehrt zu geführten Kalorien, was nicht verwunderlich ist, nicht jedoch die absolute Kalorienzufuhr.

Es bleibt völlig gleich, ob Sie Kalorien zu viel zuführen oder bei erhöhter Zufuhr, mehr sportlichen Aktivitäten nachgehen.

Die Autoren einer Studie schließen, dass die Nahrungsaufnahme eine wesentliche größere Rolle für die Entwicklung einer Fettleibigkeit spielen würde als die Veränderung des Energieverbrauchs. Untersucht wurden hierzu unterschiedliche Bevölkerungsgruppen, die in Gruppen wie Jäger-Sammler, Hirten, Landwirtschaft und industrialisierte Bevölkerungsgruppen eingeteilt wurden.

 

Übersehen in der Untersuchung wurde, dass die Gruppen Jäger-Sammer, Hirten, Landwirtschaft im Vergleich zu der industrialisierten Bevölkerung eine deutlich andere Nahrungsaufnahme hinsichtlich der Lebensmittelverarbeitung aufweisen. Obwohl die Autoren angeben, dass der Prozentsatz der ultraverarbeiteten Lebensmittel in der Ernährung mit dem Körperfettanteil verbunden ist, werden daraus die falschen Schlüsse gezogen.

 

Die Art der Lebensmittelverarbeitung hat, nicht überraschend, einen relevanten Einfluss auf die Entwicklung einer Fettleibigkeit.

Tatsächlich ist es jedoch völlig unerheblich, ob eine Ernährungsumstellung oder eine vermehrte körperliche Aktivität erfolgt. Fettleibigkeit ist nicht von einem Faktor abhängig, da es sich hier ähnlich einer Waage verhält.

Die Reduktion eines kg Körperfetts wird durch ein Kaloriendefizit von etwas 7.000 kcal erreicht. Hierbei spielt es keine Rolle, ob 7.000 kcal weniger mit der Nahrung aufgenommen werden oder, bei gleichbleibender Nahrungszufuhr und damit Kalorienzufuhr, 7.000 kcal mehr verbrannt werden, da es unerheblich ist, auf welche Seite der Waage etwas reduziert wird.

 

Quellenangaben

(1) https://www.pnas.org/doi/full/10.1073/pnas.2420902122

 

Der nächste Beitrag erscheint am 15. Januar. Er beschäftigt sich mit einer Untersuchung, über die Sie möglicherweise auch schon gelesen haben, wobei COVID die Gefäße schneller altern lassen soll.