Da es schon wieder überall zu lesen ist, gibt es aus gegebenem Anlass ein Zwischenbeitrag, vor dem angekündigten nächsten Beitrag am 15. Juli.
In dem heutigen Zwischenbeitrag soll es um Hitze und vermeintlich Tote durch Hitze gehen.
Was zu lesen ist
Nicht nur aber auch in der aktuellen Ausgabe der „Hausärztliche Privatpraxis“ ist es gleich auf der ersten Seite im Editorial zu lesen: „Rund 3.000 Menschen sind jeweils in den vergangenen beiden Jahren infolge von Hitze gestorben (…) (1). Ähnliches liest man vor den warmen Tagen auch immer wieder in der Laienpresse. Der ehemalige Bundesgesundheitsminister wollte gar die Hitzetoten halbieren, auf unter 4.000, da deren Zahl so hoch ist (2).
Was wir über Hitzetote wissen
Eine konkrete Anzahl, wie viele Menschen an Hitze sterben gibt es nicht. Nimmt man die offiziellen Todesfälle, die durch Hitze umkommen, so kommt man auf durchschnittlich 19 Personen, die in Folge von Hitze gestorben sind (3). Dieses sind die Zahlen, aus den offiziellen Leichenschauscheinen, wo entsprechende Diagnosen einzutragen sind.
Wir wissen allerdings, dass die Hitzetoten in den letzten Jahren deutlich rückläufig sind, wie 2020 im Deutschen Ärzteblatt zu lesen war (4). Das RKI schätzt Hitzetote jedes Jahr, die es in einer Tabelle veröffentlicht (5). Wenn man sich die Zahlen graphisch aufarbeitet, ist erkennbar, dass die geschätzten Hitzetoden starken Schwankungen unterliegen und bereits seit 2023 unter 4.000 liegen. Bereits aus diesem Grund ist die Ankündigung des ehemaligen Gesundheitsministers nicht nachvollziehbar und entbehrt einer plausiblen Grundlage.
In der Grafik ist die Anzahl in Prozent der an Hitze gestorbenen in den jeweiligen Jahren im Verhältnis zu den Einwohnern in Deutschland dargestellt. Man erkennt, dass pro Jahr relativ stabil etwa 0,003%, geschätzt durch das RKI, gemessen an der Gesamtbevölkerung, an Hitze sterben. Es ergeben sich keine relevanten Veränderungen.
Im mdr ist zu lesen, dass die Zahl der Hitzetoten in den letzten Jahren zurück geht (6).
Was bei Hitze passiert
Durch steigende Umgebungstemperaturen kommt es zu einer vermehrten Durchblutung der kleinsten Kapillaren an der Körperoberfläche. Zusammen mit der Schweißbildung erfolgt so eine Abkühlung und der Körper wird auf einer konstanten Temperatur gehalten, so dass er nicht überwärmt, was direkt zum Hitzetod führen würde.
Durch die stärkere Durchblutung der kleinsten Kapillaren an der Körperoberfläche vergrößert sich das mit Blut durchflossene Gefäßvolumen. Bei einer gegebenen Blutmenge muss das Herz verstärkt arbeiten, weshalb zum einen die Herzfrequenz ansteigt, um bei gegebenem Blutvolumen und vergrößertem Gefäßvolumen dasselbe Blutvolumen in derselben Zeit durch den Körper zu pumpen.
Leidet jemand an einer Herzmuskelschwäche, bei der das Herz schon unter normalen Bedingungen Schwierigkeiten hat, das Blutvolumen in einer gegebenen Zeit durch den Körper zu pumpen, fällt es ihm noch schwerer, wenn das Gefäßvolumen, beispielsweise durch Hitze, vergrößert wird. Dann könnte es zum Tod durch Herzversagen kommen.
Was Fakt ist
Hitze kann den Körper belasten. Hitze alleine ist aber keinesfalls eine relevante Todesursache. Allenfalls um die 20 Personen sterben direkt in Folge von Hitze pro Jahr.
Bei den Hitzetoten handelt es sich ausschließlich um Schätzungen, keinesfalls um zuverlässige, gesicherte Zahlen, weshalb die Schätzungen massiv überhöht erscheinen.
Wenn Menschen bereits an einer schweren Herzmuskelschwäche leiden, wird es für das sowieso schon vorgeschädigte Herz möglicherweise noch schwieriger, dass vorhandene Blutvolumen bei gegebener Zeit durch ein vergrößertes Gefäßvolumen zu pumpen, weshalb es hierdurch zum Tod kommen würde.
Wenn man genügend trinkt, wenn die Außentemperaturen steigen und sich, je geschwächter man ist, nicht der direkten Hitze und vor allem der direkten Sonne aussetzt, sondern die heißen Tage lieber im Schatten oder in der Wohnung verbringt, ist die Gefahr an Hitze zu sterben extrem gering. Wichtig hierbei ist, für ausreichend Belüftung, z. B. durch Querlüften und vor allem Lüften in den kühleren Abendstunden, zu sorgen.
Noch bevor es warm wird, ist es seit einigen Jahren en vogue, vor der Hitze und vor allem vor der Sterblichkeit durch Hitze zu warnen.
Wie viele Menschen durch Hitze zu Tode kommen, ist gänzlich unklar. Hierüber gibt es allenfalls Schätzungen, jedoch keine entsprechenden Zahlen. Jedoch sind Schätzungen nie verlässlich und stellen allenfalls die Grundlage für weitere, intensivere Erfassung entsprechender Zahlen dar. Diese Erfassung unterbleibt jedoch konsequent.
Somit gibt es lediglich Schätzungen, jedoch keinerlei belastbare Erkenntnisse über tatsächliche Hitzetote.
Die Zahl der geschätzten Hitzetoten ist seit 1992 in etwa bei 0,003% der Gesamtbevölkerung recht stabil.
Bei steigenden Umgebungstemperaturen steigt die Pulsfrequenz und die Pumpleistung des Herzens muss angepasst werden. Bei einem schwachen Herz, der sogenannten Herzmuskelschwäche, kann es hierdurch zu Problemen für den Betroffenen kommen.
Wenn keine relevanten Herz-Kreislauferkrankungen vorliegen, ist Hitze möglicherweise lästig aber keinesfalls tödlich. Insbesondere dann nicht, wenn man sich vor dieser schützt. Panikartige Verlautbarungen, dass immer mehr Menschen an oder durch Hitze sterben würde, entbehrt bereits seit Jahrzehnten jedweder Grundlage.
Quellenangaben
(1) Hausärztliche Praxis (2025, Juni 18). Hilfe gegen Hitze. HP 11/25. https://www.hausaerztlichepraxis.digital/praxis/hilfe-gegen-hitze-164256.html
(2) Tagesschau (2023, Juli 23). Lauterbach will Zahl der Hitzetoten halbieren. https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/lauterbach-hitzeschutzplan-102.html
(3) BR24 (2024, Juli 19). #Faktenfuchs: Mehrere Tausend Hitzetote pro Jahr. https://www.br.de/nachrichten/wissen/faktenfuchs-mehrere-tausend-hitzetote-pro-jahr,UHYM6HH
(4) Deutsches Ärzteblatt (2020, 37) Heat-Related Mortality. DOI: 10.3238/arztebl.2020.0603
(5) RKI: Anhang zum Epidemiologischen Bulletin 19/2025 (2025, Mai 7). Geschätzte Anzahl hitzebedingter Sterbefälle im Zeitraum 1992 bis 2024 für Deutschland und die Bundeländer. https://www.rki.de/DE/Aktuelles/Publikationen/Epidemiologisches-Bulletin/2025/19_25_Anhang.html?nn=16777016
(6) mdr (2024, August 23). Anpassung und Hitzeprävention haben schon Zehntausende Menschenleben gerettet. https://www.mdr.de/wissen/umwelt-klima/klimawandel-ohne-praevention-noch-mehr-hitze-tote-in-europa-100.html